Postkarten sind ein klassisches Werbemittel für Museen und zeitlos beliebte Souvenirs der Museumsgäste. Zu den ersten Motiven, die an der Museumskasse in Kloster Veßra angeboten wurden, gehörten die Klosterkirche und die romanischen Klostergebäude. Auch Fotografien mit der Dampflokomobile von 1912 und den Erntemaschinen aus den 1960er Jahren aus dem ersten großen Ausstellungsbereich zur Landwirtschaft waren sehr beliebt und verkauften sich gut. Das erste umgesetzte Fachwerkhaus aus Witzelroda erwies sich als ein Dauerbrenner für viele Jahre. Erst nach den 1980er Jahren kamen farbige Fotomotive sowie neue Gesamt- und Innenansichten hinzu.
Unter den gezeigten Postkarten sticht die oben aufliegende durch die Art der Gestaltung und die Technik des Linolschnitts hervor. Es handelt sich nicht um eine gewöhnliche Postkarte, sondern um eine Künstlerkarte in Form einer Klappkarte, die der Künstler Helmut Storch für das Museum geschaffen hat.
Helmut Storch wurde 1942 unweit des Museums in Kloster Veßra geboren. Nach einer Lehre als Gebrauchswerber (1956–1959) in Hildburghausen und einem anschließenden zweijährigen Studium in Jena absolvierte er zwischen 1961 und 1964 eine Ausbildung zum Grundschullehrer in Meiningen. Zwischen 1967 und 1971 schloss er ein Fernstudium in Erfurt als Diplom-Kunstlehrer ab.
Neben seiner Tätigkeit als Kunstlehrer an Schulen in Themar, Henfstädt und Hildburghausen entwickelte sich Helmut Storch durch die Teilnahme an Workshops, Kursen und Werkstätten künstlerisch weiter und schuf ein großes künstlerisches Œuvre. Im Jahr 2012 waren seine farbenfrohen Malereien und Grafiken im Rahmen einer Einzelausstellung in unserem Museum zu sehen.
Die gezeigte Karte mit einem Linolschnitt des sogenannten kleinen Fachwerkhauses aus Witzelroda fertigte Helmut Storch unmittelbar nach der Translozierung des Hauses ins Museum (1985/86) an. Nachdem er zunächst einen Entwurf gezeichnet hatte, übertrug er diesen spiegelverkehrt auf die Druckplatte aus Linoleum. Beim Hochdruckverfahren Linolschnitt wird die Entwurfszeichnung mit einem Messer, Stichel oder Schaber spiegelverkehrt in das weiche Linoleum gekerbt und geschnitten. Die stehen gebliebenen Partien der Linoleumplatte werden anschließend mit Farbe eingestrichen und auf ein Papier gedruckt. Die geschnittenen, tiefen Partien der Platte bleiben im Druck farblos.
Die querformatige Klappkarte ist auf der Vorderseite mit der Darstellung der Giebelseite des Fachwerkhauses aus Witzelroda in brauner Farbe bedruckt. Am rechten Bildrand erhebt sich neben dem Fachwerkhaus ein mächtiger Baum. Am unteren und rechten Bildrand ist der Schriftzug „• Agrarhistorisches Museum | • Kloster Vessra •“ zu lesen. Das Bild ist mit einer schmalen braunen Linie gerahmt. Am unteren linken Bildrand hat Storch mit einem Rötelstift nach dem Druck seine Signatur „H Storch“ angebracht.
Mit dem fertigen Entwurf seiner Karte ging Helmut Storch zum damaligen, ersten Museumsdirektor Dr. Eberhard Köhler (1975–1986). Diesem gefiel die Künstlerpostkarte offensichtlich so gut, dass sie in einer Auflage von 200 Stück an der Museumskasse für 1,50 M pro Karte verkauft wurde. Neben dem Fachwerkhaus aus Witzelroda fertigte Storch für das Museum drei weitere Künstlerkarten mit Motiven der Klostertürme an. Auch Grafiken der Klostertürme im Format A3 wurden vor 2 Jahren beim Künstler nachgefragt und anschließend im Museumsshop verkauft. Die Beliebtheit der Werke des regional bedeutenden Künstlers ist ungebrochen.
Klappkarte Fachwerkhaus „Agrarhistorisches Museum Kloster Vessra“, Helmut Storch (*21.06.1942 Kloster Veßra, lebt und arbeitet in Erfurt), nach 1985/86
Linolschnitt auf Papier
Höhe: 11 cm, Breite: 15,2 cm
HMKV
Autorin: Dr. Meike Leyde, Sammlung/Bibliothek
Weiterführende Literatur:
Walter Koschatzky, Die Kunst der Graphik. Technik, Geschichte, Meisterwerke, München 121997 (1. Auflage 1975), S. 65f.
Ausstellungsdokumentation „»Malerei und Grafik« von Helmut Storch, Erfurt / Kloster Veßra“, 2012, Archiv Hennebergisches Museum Kloster Veßra.