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Ein bisschen Blocksberg im Museum

Hex, hex! Wenige Jahre nach Gründung des Museums kam eine sogenannte „Brockenhexe“ in den Sammlungsbestand des Hennebergischen Museums Kloster Veßra. Das heute in der Ausstellung „Wie die Saat, so die Ernte“ präsentierte Objekt gehört somit zu den ältesten Sammlungsobjekten. Doch hierbei handelt es sich keineswegs um eine der fiktiven Gestalten vom sagenumwobenen Brocken im Harz, der auch Blocksberg genannt wird und der für seine Versammlungen von Hexen zur Walpurgisnacht bekannt ist.

Die „Brockenhexe“ des Museums trägt ihren Namen als Marke. Als RS02 wurde sie im Zeitraum zwischen 1949 und 1952 im Volkseigenen Betrieb Schlepperwerk Nordhausen hergestellt. Es handelt sich um einen Traktor, genauer gesagt um einen Radschlepper in rahmenloser Blockkonstruktion, der 1949 auf der Frühjahrsmesse in Leipzig vorgestellt wurde. Durch die Lage Nordhausens als Thüringens Tor zum Harz erhielt der Traktor seinen Namen. Insgesamt wurden 1935 Traktoren dieses Modells mit und ohne Führerhaus produziert.

Die Konstruktion in rahmenloser Blockbauweise ist eine für Ackerschlepper übliche. Hinterachse, Getriebe, Kupplung und Motorblock sind als Einheit miteinander verbunden. Der in der Front eingebaute Motor trägt die Prägung VEB Motorenwerk Karl-Marx-Stadt.

Als Motor ist ein Lizenzbau von Deutz verbaut: ein Zweizylinder-Viertakt-Dieselmotor, der Deutz F2M 414. Mit 22 PS bei 1500 min­­-1 fährt der Traktor mit einer Maximalgeschwindigkeit von 16,85 km/h. Damit sollen keine Rekorde gebrochen werden; Der RS02 ist als Arbeitstier gedacht.

Das Getriebe hat vier Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang. Es wurde in Lizenz von ZF Friedrichshafen (Zahnradfabrik Friedrichshafen) gebaut. Die vordere Front verweist mit einer metallenen Plakette auf das VEB IFA-Kombinat. IFA steht für Industrieverband Fahrzeugbau.

Farblich präsentiert sich der RS02 des Museums in einem warmen Rotbraun. Der rechte Hinterreifen ist provisorisch mit vier Schrauben an der Innenseite geflickt. Der rechte Kotflügel ist mehrfach geschweißt. Der Fahrersitz ist auf zwei Bandfedern befestigt und kann so in der Position verstellt werden. Der schwarze Auspuff befindet sich am vorderen Traktorteil und ragt auf der Motorhaube empor. Frontal, oberhalb der vorderen Pendelachse, ist eine Kurbel angebracht, die den Motor zum Laufen bringt. Angetrieben werden die hinteren Räder. Etwa von 1950 bis 1960 soll er im Einsatz gewesen sein.

Der Radschlepper kam als Tauschobjekt ins Museum. 1978 wurde ein IMT Ferguson aus dem Sammlungsbestand gegen den RS02 eingetauscht. Der dazugehörigen Vereinbarung ist zu entnehmen, dass das damals noch Agrarhistorische Museum Kloster Veßra einen Traktor „Famulus“ oder „Ferguson“ gegen die Brockenhexe eintauscht. Das macht die Brockenhexe zu einem Zeugen der musealen Sammlungspraxis, in der Objekte nicht nur angekauft oder als Schenkung angenommen wurden.

Übrigens: Unsere Brockenhexe zählt zu den Lieblingsobjekten des Museumsdirektors Ingo Weidig, der eine Leidenschaft für motorisierte Dinge besitzt. Das Museum ist stets auf der Suche nach Interessierten, die diese Leidenschaft teilen und gern ein Ehrenamt übernehmen möchten. Wir freuen uns an dieser Stelle über Traktorpatenschaften. Gern können Sie sich im Museum melden, sollten Sie Interesse daran haben, einem alten Traktor auf die Sprünge zu helfen.

Laura Körnig

Traktor „Brockenhexe“ RS02

VEB Schlepperwerk Nordhausen
Material: Metall, Gummi, Kunststoff
Maße: Höhe 216 cm, Breite 156 cm, Tiefe 298 cm
HMKV, Inv.-Nr. III 79

Hennebergisches Museum Kloster Veßra
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