Am 19. März 1975 legte der Rat des Bezirkes Suhl mit dem Beschluss Nr. 590/90/75 „Konzeption zur Errichtung eines Agrarhistorischen Museums in Kloster Veßra, Kreis Hildburghausen“ den Grundstein zum Aufbau des Museums. Gehen diesem Beschluss zwar viele Jahre der Überlegungen und Planungen voraus, gilt er doch als Geburtsstunde des Freilichtmuseums. Die in diesem Zusammenhang für das Museum entstandene Abschrift des Gründungsbeschlusses, die am 3. April 1975 ausgefertigt wurde, befindet sich heute im Schriftgutarchiv des Hennebergischen Museums. So wundert es nicht, dass die Jubiläumsausstellung zur Gründung des Museums mit diesem Objekt beendet wird.
Das fünfseitige Dokument ermöglicht einen aufschlussreichen Einblick in die Anfänge des Museums, finden sich in diesen doch die politisch-ideologische und kulturpolitische Zielstellung, die an die Museumsgründung geknüpft war. So heißt es auf der zweiten Seite der Abschrift dazu: „Die wissenschaftliche und kulturpolitische Aufgabenstellung des Museums wird bestimmt durch die Erforschung und Darstellung des historischen Entwicklungsprozesses und der Entwicklung der Produktivkräfte in der Landwirtschaft im Südthüringer Raum von den Anfängen bis zur Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft.“ Damit war auch die thematische Ausrichtung des Museums festgelegt. Im Beschluss wurden deshalb auch die Schwerpunkte schriftlich fixiert:
- Klassenkämpfe in der Geschichte,
- Revolutionäre Traditionen seit der frühbürgerlichen Revolution,
- Landwirtschaftspolitik der Partei der Arbeiterklasse,
- Entwicklungsprozess der sozialistischen Klasse der Genossenschaftsbauern.
In logischer Konsequenz spiegeln sich die politisch-ideologischen Ziele der Partei und des Rates des Bezirkes auch in den im Gründungsbeschluss festge-legten Ausstellungsthemen des Museums wider. Alles war der Präsentation der Produktivkräfte in der Land-wirtschaft von der vorfeudalen Periode bis in die Gegenwart (bis 1975) thematisch untergeordnet. So wurden drei großen Themenkomplexe geschaffen:
- Die Landwirtschaft im Feudalismus (unter Berück-sichtigung der Geschichte des Klosters),
- Die Landwirtschaft im Kapitalismus,
- Die sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft im Bezirk Suhl.
Den beiden letzten Themenbereichen wurde die höchste Priorität beigemessen, so dass für diese schnellstmöglich mit der Konzeption und Umsetzung verschiedener Ausstellungen begonnen wurde. Eine Ausstellung zum 30. Jubiläum der Bodenreform sowie eine Ausstellung zum Bauernkrieg, der als früh-revolutionäre Bewegung der Arbeiter- und Bauern-klasse interpretiert wurde, sind somit die ersten beiden Ausstellungen, die in Kloster Veßra gezeigt wurden. Wirft dieses Dokument auch viele Fragen zur Geschichte und Arbeitsweise des Museums in der DDR-Zeit auf, soll an dieser Stelle ein vorläufiger Schlusspunkt gesetzt werden.
Die Idee der Ausstellung „45 Jahre – 45 Geschichten“ hatte schließlich nicht die lückenlose und kritische Aufarbeitung der DDR-Geschichte zum Ziel. Vielmehr wollten die Ausstellungsmacherinnen aufzeigen, wie sehr es sich lohnt, genauer hinzuschauen, ergeben sich durch die Objekte, egal ob sie zur Sammlung gehören oder liegengebliebene Zeitzeugen des Museumsalltags sind, doch interessante und mitunter unterhaltsame Einblicke in die Geschichte des Hauses und die verschiedenen Aufgabenbereiche der Mitarbeiter*innen.
Viele Fragen zur Museumsgeschichte blieben innerhalb dieser Jubiläumsausstellung unbeantwortet. Aber genau diese Fragen spornen das Team des Museums an, die Geschichte der eigenen Institution bis zum 50. Jubiläum des Museums im Jahr 2025 noch intensiver zu erforschen. So verstehen wir den Gründungsbeschluss des Jahres 1975 nicht nur als letztes Ausstellungsobjekt und Abschluss dieser Jubiläumsausstellung, sondern vielmehr als Anfangspunkt einer intensiven und vor allem kritischen Aufarbeitung der eigenen Geschichte.
Abschrift des Beschluss Nr. 590/90/75 „Konzeption zur Errichtung eines Agrarhistorischen Museums in Kloster Veßra, Kreis Hildburghausen“, Beschluss des Rates des Bezirkes zur Gründung des Agrarhistorischen Museums des Bezirks Suhl, vom 19.03.1975, ausgestellt am 03.04.1975
Papier, 7 Seiten
Höhe: 29,7 cm; Breite: 21,0 cm
HMKV, Schriftgutarchiv
Autorin: Claudia Krahnert, Direktorin