April – Oktober, 9 – 18 Uhr

Letzter Einlass immer 1 Stunde vor Schluss

Back to all Post

Dreschflegel: eines der ältesten bäuerlichen Arbeitsgeräte

Abbildung 1. Dreschfelgel - Installation in der Ausstellung 1525 Bauernkrieg

Dreschflegel gibt es zuhauf in vielen Freilichtmuseen. Das bäuerliche Arbeitsgerät zum Dreschen von Getreide war auf den Bauernhöfen vielfach vorhanden, es wurde in großer Anzahl in die Museumssammlung aufgenommen und kann platzsparend im Museumsdepot bewahrt werden. Die Formenvarianten von Dreschflegeln wurden in volkskundlichen Studien hinreichend untersucht und ihre Verbreitung dokumentiert. Es lohnt sich, einen detaillierten Blick auf den Dreschflegel, eines der ältesten bäuerlichen Arbeitsgeräte, zu werfen.

Eine frühe Darstellung eines Dreschflegels findet sich im sogenannten Landgrafenpsalter, einer zwischen 1211 und 1213 im Auftrag des Landgrafen Hermann I von Thüringen und Hessen (um 1155-1217) entstandenen und mit beeindruckenden Buchmalereien ausgestatteten Bilderhandschrift, die in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart (HB II 24) aufbewahrt wird. Das Monatsbild Oktober zeigt einen Drescher, der im Ausfallschritt stehend mit beiden Händen einen Dreschflegel über zwei am Boden liegende Getreidegarben schwingt. Aussehen und Funktionsweise von Dreschflegeln haben sich über die Jahrhunderte nicht verändert. Bis zur Entwicklung der Dreschmaschinen um 1900 waren sie das am meisten verbreitete Dreschgerät.

In der aktuellen Sonderausstellung „1525 Bauernkrieg im Henneberger Land“ im Hennebergischen Museum Kloster Veßra ist eine Installation aus 16 Dreschflegeln aus dem 19. und 20. Jahrhundert zu sehen (Abb. 1). Die Installation ist ein Sinnbild für den Bauernaufstand im Jahr 1525, in dem bäuerliche Arbeitsgeräte wie Dreschflegel zu Waffen erhoben wurden. Als Objekt des Monats Mai sei ein Dreschflegel der Installation herausgegriffen und näher beschrieben.

Bei genauerem Hinsehen (Abb. 2-3) entpuppt sich das einfache bäuerliche Arbeitsgerät als ein Meisterstück. Das Werkzeug besteht aus nur zwei Holzteilen, dem Stiel und dem Schlegel, die über Lederkappen und -bänder beweglich miteinander verbunden sind. Der zylindrische Stiel – vermutlich aus Eschenholz – ist am oberen Ende etwas dicker ausgebildet und mit drei umlaufenden Rillen versehen, die als Halterung für Lederriemen dienen. Über das Stielende ist eine durch den Lederriemen fixierte Kappe gestülpt. Auch der Schlegel ist mit einer Lederkappe versehen, die mit Riemen fixiert und an der Stielkappe befestigt ist. Das Rundholz des Schlegels ist dicker und besteht aus härterem Rüsterholz (Ulme), das sich gut als Schlagholz eignet. Drei Einkerbungen am oberen Ende gewährleisten die sichere Fixierung der riemengeschnürten Lederkappe. Im Streiflicht werden noch die Dreschspuren im Schlegelholz des einstigen bäuerlichen Arbeitsgeräts sichtbar.

Gedroschen wurde auf hartem Untergrund, auf Scheunenboden aus Holz oder Lehm. Mehrere Drescher:innen stellten sich im Kreis oder in einer Reihe auf, um mit Dreschflegeln in einem einheitlichen Rhythmus auf das am Boden vor ihnen liegende getrocknete Getreide einzudreschen. Dreschreime halfen dabei, im Rhythmus zu bleiben. Durch die Schlagkraft des Schlegels wurden die Körner aus den Ähren herausgelöst. Das Dreschen von Hand mit Dreschflegeln war eine körperlich anstrengende Tätigkeit, die zudem Übung erforderte. Jeder Dreschflegel war in seinen Maßen der Größe und Kraft des jeweiligen Dreschers angepasst. In das Leder der Flegelkappe sind die Buchstaben „E. P. E“[?] geprägt (Abb. 3), vermutlich die Initialen des namentlich nicht überlieferten Besitzers oder Dreschers.

Im November 1970 stiftete Fritz Beiersdorf, in dessen Privatbesitz sich das Gerät bis dahin befand, den Dreschflegel dem Museum in Eisfeld. Fritz Beiersdorf wurde bekannt als Eisfelder Bürgermeister (1974–1977). Wenige Jahre später wurde der Dreschflegel zusammen mit anderen Objekten im Rahmen der Museumsprofilierung in der DDR von dem 1975 neu gegründeten Agrarhistorischen Museum Kloster Veßra, heute Hennebergisches Museum Kloster Veßra, übernommen.

Interessant ist neben der alten am Stiel verbliebenen Inventarnummer „7380“ aus dem Eisfelder Museum insbesondere ein mit einer Baumwollschnur am Lederriemen befestigtes Papieretikett mit der Aufschrift „Festumzugs-Teilnehmer 24. August 1975 Festkomitee der Stadt Eisfeld“ (Abb. 4–5). Das Etikett deutet darauf hin, dass der Dreschflegel im Jahr 1975 beim Eisfelder Festumzug zur 650-Jahrfeier der Stadt Eisfeld mit dabei war. Eine Sonderausstellung, die dieses Ereignis unter dem Titel „Ich war dabei – du auch? 650-Jahrfeier der Stadt Eisfeld im Jahr 1975“ thematisiert, ist vom 18. Mai bis zum 17. August 2025 im Eisfelder Museum zu sehen und unbedingt einen Besuch wert. Dankenswerterweise hat Herr Heiko Haine, Direktor des Eisfelder Museums, für diesen Beitrag zwei historische Fotos des Eisfelder Festumzugs aus dem Bestand Museum Eisfeld zur Verfügung gestellt, die wesentliche Informationen zur Objektgeschichte des Dreschflegels liefern. Die Bilder zeigen die Darstellung des Themas „Bauernkrieg“ beim Eisfelder Festumzug 1975. Das Thema „Bauernkrieg“ war recht kurzfristig in die detailliert geplante Veranstaltung eingeschoben worden. Das historische Foto in Abbildung 7 zeigt ein Fuhrgespann mit bäuerlichen Geräten. Auf Abbildung 6 ist rechts ein Umzugsteilnehmer mit der Bundschuh-Fahne zu sehen und links trägt Umzugsteilnehmer Klaus Hörnlein einen Dreschflegel, der vermutlich unser Objekt des Monats ist.

Im Original könnt Ihr den Dreschflegel im Hennebergischen Museum Kloster Veßra in der Sonderausstellung „1525 Bauernkrieg im Henneberger Land“ noch bis zum 19. Oktober bewundern. Übrigens gibt es im Ostgelände unseres Freilichtmuseums im Bereich „ErlebnisLandwirtschaft“ einen großen Dreschplatz mit Ausstellung zur Geschichte und Technik des Dreschens.

 

Dreschflegel (Doppelkappenflegel), 19./20. Jahrhundert

Holz, geschnitzt; Leder, geschnürt, geprägt

Stiel: Länge 168,4 cm, Durchmesser 2,5 cm; Schlegel: Länge
56,2 cm, Durchmesser 4,2 cm

HMKV, Inv.-Nr. II 8420

 

Weiterführende Literatur:

Gebhard, Torsten/Sperber, Helmut: Alte bäuerliche Geräte aus Süddeutschland, München/Bern/Wien 1978, S. 58–59.

Hansen, Wilhelm: Hauswesen und Tagewerk im alten Lippe, Ländliches Leben in vorindustrieller Zeit (Schriften der volkskundlichen Kommission 27), Münster 1987, S. 188-190.

Siuts, Hinrich: Bäuerliche und handwerkliche Arbeitsgeräte in Westfalen (Schriften der Volkskundlichen Kommission für Westfalen 26), Münster 2002, S. 71–75.

Knopf, Otto: Wie’s früher war. Was im 20. Jahrhundert aus unserem Alltagsleben verschwand, Bamberg 2004, S. 45–48.

Schindler, Thomas: Handwerkszeug und bäuerliches Arbeitsgerät in Franken. Bestandskatalog des Fränkischen Freilandmuseums Bad Windsheim (Kataloge und Schriften des Fränkischen Freilandmuseums in Bad Windsheim 74), Bad Windsheim 2015, S. 857, 860.

Keil, Wilfried E. (Hrsg.): Burgen im Bauernkrieg – Im Henneberger Land und in anderen Regionen. Katalog zur Sonderausstellung (Schriften des Deutschen Burgenmuseums Veste Heldburg 11), Heldburg 2025, S. 45–46.

Abb. 2
Abb. 3
Abb. 4
Abb. 5
Abb. 6, Bildquelle: Bestand Museum Eisfeld
Abb. 7, Bildquelle: Bestand Museum Eisfeld

Hennebergisches Museum Kloster Veßra
Impressum