„Liebe Eltern! Sie haben für Ihr Kind ein PIKO-Erzeugnis – die elektromechanische Kindernähmaschine „elektra“ – gekauft.“ So leitet die Bedienungsanleitung zum Objekt des Monats November des Hennebergischen Museums Kloster Veßra in die Produktbeschreibung ein. Weiter heißt es, „[g]leichzeitig kaufen Sie ein Spielzeug, mit dem Sie bei Ihrem Kind nicht nur die Freude am Spiel, sondern auch die Freude am Lernen wecken“, wobei gleich der pädagogische Mehrwert verdeutlicht wird.
Das praktische Spielzeug ist in einem Karton verpackt. Das Logo von „PIKO MECHANIK“ prankt groß auf dem leuchtend gelben Kartondeckel. Die langen Seiten des Kartons zeigen eine Abbildung der Nähmaschine vor einem blau-schwarzen Hintergrund aus Hahnentrittmuster und Gelb sowie einiges Nähzubehör. An einer der langen Seiten des Kartons findet sich ein Etikett von PIKO SPIELWAREN, auf dem der Verkaufspreis gedruckt ist. Für 45 Mark war das Gerät „Nähmaschine 25/5018“ – „MADE IN GDR“ – zu erwerben. Der Volkseigene Betrieb (VEB) PIKO hatte seinen Sitz in Sonneberg, dem Zentrum der ostdeutschen Spielzeugproduktion. PIKO steht dabei als Abkürzung für Pionier Konstruktion. Seit 1964 stellte es elektromechanisches Kinderspielzeug wie Küchenmaschinen, batteriebetriebene Autos und Nähmaschinen her. Als PIKO Spielwaren GmbH produziert es noch heute Modelleisenbahnen und Modellbauzubehör.
Die Nähmaschine präsentiert sich in den Farben Weiß und Rot. Mit einer Handkurbel wurde sie in Gang gesetzt. Zuzüglich konnte ein Fußpedal gekauft werden. Auf dieses wurde bei unserem Objekt verzichtet. Zum Zubehör zählen laut Anleitung eine Nadeleinstellscheibe, eine Zwerglampe, Nähgarn, ein Einfädler, zwei Nähnadeln, ein Faden- und ein Schraubenzieher und ein Schnittmusterbogen für Puppenbekleidung. Bis auf Schraubenzieher und eine Nähnadel ist das Originalzubehör vorhanden. Ein Teil davon findet Platz in einer kleinen Pappschachtel, die vom Design zur Außenverpackung passt und ebenfalls das Logo PIKO MECHANIK trägt.
Das Gesamtpaket wurde um einen Schnittmusterbogen vom „Verlag für die Frau“ ergänzt, die nicht zum Originalzubehör gehört. Für die Puppe Ramona (45 cm) konnten so Mantel, Hose, Kleid, Bluse und Bolero genäht werden; für die Puppe Anke (60 cm) Hosenanzug, Faltenrock, Bluse und Kleid.
Neben der Nähmaschine „elektra“ produzierte PIKO weitere Modelle mit ebenfalls weiblichen Namen: „Michaela“, „Gabriela“ und „Sibyll“ sind hier zu nennen. Sie unterstreichen gewisse Rollenklischees.
Eine Garantieurkunde gibt Aufschluss über den Verkäufer: M[.] S[.], HO-Kommissionshändler, Spielwaren, Korbwaren, Kinderwagen. Die Verkaufsstelle befand sich in Hildburghausen. Als Verkaufsdatum ist der 20.12.76 vermerkt. Ob es sich um ein Weihnachtsgeschenk handelte? Ein kleines ovales Etikett, welches einen Rahmen aus Sternen und den Schriftzug „EIGENTUM VON“ trägt, liegt lose im Karton und ist handschriftlich mit dem Namen „Lutz“ versehen. Vielleicht ist Lutz jenes Kind, welches sich am Weihnachtsabend 1976 über diese Nähmaschine freuen durfte und mit Rollenklischees brach?
Kindernähmaschine
„elektra“
Kunststoff, Metall
17,3 cm x 31,2 cm x 16,2 cm (Verpackungsmaß); 17 cm x 28,4 cm x 15,2 cm (Nähmaschine)
Inschrift auf Nähmaschine: „elektra“, „PIKO Spielwaren“
HMKV, Inv.-Nr. III 2923
Literatur und Quellen:
Kindernähmaschinen
des VEB Piko (https://www.ddr-museum.de/de/blog/archive/kindernaehmaschinen-piko)
(zul. aufg. 11.11.2025).
Havenstein, Bernd: DDR Spielzeug, Köln 2013, S. 8–15, S. 112.