Unser „Liebesobjekt“ des Monats April ist eine Kinderwiege mit der Darstellung eines flammenden Herzens mit Liebespfeil als Symbol für die immerwährende Liebe. „[…] liebes Kindlein, schlaf!“ hat womöglich die Mutter gesungen, die ihr Kind durch gleichmäßige Bewegung des Bettchens in den Schlaf gewiegt hat. Die Kinderwiege steht sinnbildlich für Beruhigung und Geborgenheit. Sie gehörte zum Standardhaushalt einer wohlhabenden Bauernfamilie. Die mit Liebesherz und Blumen bemalte Wiege ist zu besichtigen im Haus Witzelroda I in der über der Stube im Obergeschoß gelegenen Schlafkammer. Sie steht neben dem großen Himmelbett der Eltern.
Das Kopfteil, das Fußteil und die beiden Seitenteile der hölzernen Wiege werden von vier rechteckigen Pfosten zusammengehalten, die leicht schräg auf zwei breiten Querkufen stehen.
Die weit ausladenden Querkufen sind am oberen Rand formschön profiliert. Die vier Eckpfosten schließen jeweils mit einem Knauf. Während das Fußteil am oberen Rand nur leicht geschwungen ist, ist das höhere Kopfteil aufwändiger profiliert und mit einem Halteloch und einem Griff zum Anfassen und Wiegen versehen. Die Seitenteile sind am Kopfende mit profilierten Brettern höher ausgebildet als am Fußende, so dass der Kopf des in der Wiege liegenden Kindes gegen Zugluft besser geschützt war. An den Seiten finden sich je drei hölzerne Knöpfe, wobei an der einen Seite zwei davon fehlen und nur durch zwei Löcher auf das ursprüngliche Vorhandensein geschlossen werden kann.
Die Kinderwiege ist mit grüner Farbe angestrichen und mit zahlreichen floralen Mustern und Blumen bemalt. Am Fußteil prangt ein rotes flammendes Herz, das von einem dünnen weißen Liebespfeil durchbohrt wird. Als Zeichen der immerwährenden Liebe steht das Herz an der Wiege für die tiefe Elternliebe zum Kind. Zugleich könnte das flammende Herz Ausdruck der Volksfrömmigkeit sein als christliches Symbol für die Liebe Jesu zu den Menschen. Jedoch fehlen Kreuz, Dornenkrone oder Strahlenkranz, um das flammende Herz eindeutig als Herz Jesu zu benennen. Das Herz wird von zwei weißen Blüten und grünen Blättern gerahmt. Gelbe Blütenmotive schließen das Fußteil nach oben hin ab. Das Kopfteil ist demgegenüber mit gelben tulpenartigen Blüten und Blättern bemalt. An den Seitenteilen erstrecken sich über die gesamte Länge Rosengirlanden mit sich paarweise gegenüberstehenden Blättern aus grünen, weißen und roten Linien. Der untere Rand der Seitenbretter ist mit einem geometrischen Muster aus gelben Dreiecken und Pfeilformen versehen. Jeweils eine rote Rosenblüte ziert mittig die Kufen. An den Rändern sind die Bretter und Eckpfosten der Wiege mit weißen floral geschwungenen Linien verziert.
Die Wiege kam 1980 mit weiteren Möbeln aus den Staatlichen Museen Meiningen ins damalige Agrarhistorische Museum Kloster Veßra, um das Haus aus Witzelroda einrichten zu können. In der Anfangszeit des 1975 gegründeten Freilichtmuseums Kloster Veßra wurden zum Aufbau einer eigenen Sammlung aus umliegenden Museen Sammlungsteilbestände „übernommen“. Laut Übergabeprotokoll vom 28.4.1980 war die Wiege „stark beschädigt“, die Kufe unter dem Kopfteil musste erneuert werden.
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Dr. Meike Leyde
Kufenwiege, Querschwinger-Wiege, 2. Hälfte 18. Jahrhundert
Holz, bemalt
Höhe: 73 cm, Länge: 95 cm Breite: 90 cm
HMKV, Inv.-Nr. II 1084