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Brücke mit Herz

Im Hennebergische Museum Kloster Veßra befindet sich ein Turbinenhaus, das der Stromerzeugung dient. Einst war dort auch die Mühle des Klosters. Um dorthin zu gelangen, muss eine überdachte Fußgängerbrücke überquert werden, die über den Mühlgraben führt (Abb. 1). Die Fachwerkbrücke mit Sparrendach begrüßt die Hinübergehenden mit einem Herz am Pfosten.

Bei der Brücke handelt es sich um den Nachbau des Zugangs zur Wehrkirche in Milz (Abb. 2 und Abb. 3). Das Original stammt vermutlich aus dem 17. Jahrhundert. Eine Inschrift an der Originalbrücke verweist auf eine Reparatur im Jahr 1709. Das „Kirchbrückle“, wie es lokal bezeichnet wird, diente dem Überqueren des Wassergrabens, der die Befestigungsmauer der Wehrkirche umschloss.

Zumeist transloziert ein Freilichtmuseum Gebäude, die vor dem Verfall bewahrt und für die Zukunft erhalten werden sollen. Doch wurde das „Kirchbrückle“ nicht umgesetzt, sondern nachgebaut. Es ist fraglich, ob eine Translozierung je zur Debatte stand. Im Interview berichtet eine ehemalige Museumsmitarbeiterin, die einst die Abteilung Bau leitete, dass die Fläche des heutigen Museumsareals, auf dem sich das Turbinenhaus befindet, nicht schon immer Teil des 1975 gegründeten Museums war. Erst seit 1992 gehört die Fläche dazu. Die Idee dahinter war, die Wasserkraftanlage wieder in Betrieb zu nehmen und die ehemalige Klostermühle vor dem Abriss zu bewahren. Da das erworbene Gelände vom bereits bestehenden Museumsareal durch den Mühlgraben getrennt und nur über einen Umweg über ein Privatgelände zugänglich war, musste eine Brücke her.  Warum die Leitung des Museums sich damals für den Nachbau einer historischen Brücke anstelle eines modernen Neubaus entschied, lässt sich anhand der gesichteten Unterlagen nicht beantworten. Vielleicht war die Entscheidung durch persönliche Vorlieben geprägt? Die Milzer Brücke hatte zumindest die passenden Maße, um den Mühlgraben zu überwinden, weshalb sie als Nachbau infrage kam. „Dann hat der Karl sie gebaut.“ Karl war zur Zeit des Brückenbaus Schreiner im Museum und baute gemeinsam mit anderen Kollegen aus dem Museumsteam die neue Brücke nach Vorbild einer alten. Die dazugehörige Entwurfszeichnung der „Fußgängerbrücke Mühlgraben“ entstand im Januar 1992 (Abb. 4).

Auch die Schmuckelemente wurden kopiert, u. a. das Herz (Abb. 5). In Anbetracht der Tatsache, dass die originale Brücke den Zugang zu einer Wehrkirche bildet, ist man geneigt, es in diesen Kontext zu setzen. Hier wird es u. a. zum Sinnbild der göttlichen Liebe zu den Menschen. Ob das hölzerne Herz an der Milzer Bücke aber tatsächlich so zu deuten oder ob es lediglich als Schmuckelement oder allgemeines Sinnbild der Liebe angebracht ist, bleibt als Frage vorerst offen.

Laura Körnig

Fußgängerbrücke Mühlgraben

1993, Nachbau einer Brücke in Milz (Landkreis Hildburghausen). Original vermutlich im 17. Jahrhundert als Zugang zur Wehrkirche (Magdalenen-Kirche) errichtet.

Fachwerkbrücke mit Andreaskreuzen und Sparrendach, 

Dachdeckung: Fränkische Rinnziegel. 

Materialien: Holz, Ziegel

Maße: 3,65 m x 2 m x 5,40 m

 

Literatur:

500 Jahre Magdalenen-Kirche Milz – Stadt Römhild (stadt-roemhild.de), aufgerufen am 25.6.2024.

Interview mit einer ehemaligen Museumsmitarbeiterin, die einst die Abteilung Bau im HMKV leitete, am 25.6.2024.

Hennebergisches Museum Kloster Veßra
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