
In einem Interview vom 25. September 2020 rät Stefan Lobenstein, Präsident der Handwerkskammer Erfurt, einen Handwerksberuf zu ergreifen. Er ist überzeugt, dass Hand-werker immer gebraucht werden. Das Freilichtmuseum Kloster Veßra kann diese Aussage in jedem Fall bestätigen. Die drei im Museum angestellten Handwerker sind ausge-sprochene Spezialisten für Holz-, Stein- und Metallverarbei-tung und haben in den mittelalterlichen Gebäuden, im Fachwerk-Ensemble und im Bereich der Landtechnik das gesamte Jahr hinweg alle Hände voll zu tun. Gefragt ist ihre Hilfe zusätzlich bei der Realisierung neuer Ausstellungen, wenn sie mit kreativen Lösungen, die Ideen der Ausstellungsmacher*innen umsetzen.
Handwerker wurden im Museum schon seit der ersten Stunde seines Bestehens gebraucht, hatten die landwirtschaftliche Nutzung der ehemaligen Klosteranlage sowie die Nutzung der Klausurgebäude und der Torkirche als Wohnräume doch tiefe Spuren hinterlassen sowie eine starke Vernachlässigung der historischen Bausubstanz zur Folge. Zur Aufnahme eines Museums waren die historischen Gebäude zwar nicht ungeeignet; der Erhaltungszustand war jedoch zum Teil bedenklich und erforderte in fast allen Fällen umfangreiche Rekonstruktions- und Sanierungsarbeiten.
So wundert es nicht, dass auf diesem aus den Anfangsjahren des Museums stammenden handgeschriebenen Schild nach fachmännischer Hilfe in den verschiedensten Gewerken gesucht wurde. Maurer, Steinmetze, Zimmerleute, Metallre-stauratoren – in allen Bereichen wurden fähige Arbeitskräfte gesucht, um den Aufbau des Museums voranzutreiben.
Hatte das Museum Ende 1975 insgesamt 13 Mitarbeiter zu verzeichnen, waren es 1977 bereits 20 und 1983 insgesamt 30 Mitarbeiter*innen. Im Jahr 1989 erreichten mit 36 die Anzahl angestellter Mitarbeiter*innen ihren Höhepunkt. Umfangreiche Hilfe bei der Instandhaltung und -setzung erhielt das Museum ab 1978 auch durch Mitarbeiter des VEB Denkmalpflege Suhl, die in Kloster Veßra eine Außenstelle eingerichtet hatten. Mehr zu deren Arbeit erfahren Sie im Beitrag „Denkmalpflege im Freilichtmuseum“ in dieser Sonderausstellung.
In den Anfangsjahren ebenso hilfreich waren die vielen Arbeitseinsätze der Abendbrigade der Dorfgemeinschaft, der regionalen FDJ-Gruppen und der Schulklassen der umliegenden Schulen des Landkreises.
Den im Verwaltungsarchiv überlieferten Leitungsprotokollen ist zu entnehmen, dass im ersten Jahr alle Energien in die Aufräumarbeiten des Nordturms der Kirchenruine investiert wurden, da in dem vom Nordturm aus erreichbaren Turmzimmer ein erster Ausstellungraum für das Museum entstehen sollte.
Der dafür notwendige Durchgang zum Turmzimmer wurde von einem Steinmetz des Museums geschaffen. Ebenso wurde im ersten Jahr der Ausbau von drei Büroräumen und eines Magazins in der Südklausur realisiert, damit das Museums-team mit der eigentlichen Museumsarbeit beginnen konnte. Ein großer Aufwand musste am Anfang auch aufgebracht werden, um die Überreste der landwirtschaftlichen Nutzung zu beseitigen und das jahrelang vernachlässigte Areal, hier besonders das Ostgelände, für die Besucher*innen zugänglich zu machen.
Nach und nach wurde das gesamte sechs Hektar große Areal für die museale Nutzung durch die Handwerker erschlossen. Ob bei Arbeiten an den mittelalterlichen Gebäuden, bei den Umsetzungen der Fachwerkhäuser ins Museum sowie bei der Restaurierung der Landtechnik, immer wieder war und ist das Museum auf die Expertise und das Engagement der Museumshandwerker angewiesen. Und obwohl die anstehenden Aufgaben recht zielstrebig angepackt wurden, musste man mit Ausstellungen, Arbeitsräumen, Magazinen und Einrichtungen der Besucherbetreuung immer wieder mit Unzulänglichkeiten und häufig wechselnden Provisorien auskommen – ein Zustand der sich zwangsläufig auch noch bis über die ersten Jahre nach der Wende hinzog.
Heute kümmern sich unter der Leitung von Elvira Hanf die drei Handwerker Kay Lefeld, Steffen Sommer und Hans-Joachim Frühauf um die nun mehr über 30 Ausstellungen und um die anderen sich auf dem Gelände befindlichen Gebäude. Dem 1975 im Museumskonzept erklärten Ziel, nahezu den gesamten Klosterhof mit seiner historischen Bausubstanz, einer einheitlichen Gestaltung und musealen Nutzung zu überführen, ist das Museum jedoch noch nicht gerecht geworden.
Ein Konzept für die noch offene Sanierung der Südklausur haben das Museum und die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, in deren Eigentumsbestand die ehemalige Klosteranlage 1994 überführt wurde, aber bereits im vergangenen Jahr vorgelegt. Über dieses Zukunftsprojekt können Sie sich gern in der Jubiläumsausstellung unter dem Beitrag „Kleines Kino, große Pläne“ informieren.
Schild für Anwerbung von Handwerker*innen
Spanholzplatte, lackiert
Breite: 35 cm, Höhe: 55 cm, Tiefe: 1,7 cm
HMKV, Inv.-Nr. I 301
Autorin: Claudia Krahnert, Direktorin
Weiterführende Literatur:
Siegmar Banz, 1975/1995: 20 Jahre Museumsarbeit in Kloster Veßra, in: Jahrbuch 1995 des Hennebergisch-Fränkischen Geschichtsvereins, Kloster Veßra/Meiningen/Münnerstadt 1995, S. 235–248.